Auf Einkaufstour: Was Unternehmen antreibt, andere Firmen zu übernehmen

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Im Laufe eines Aktionärslebens wird es einem früher oder später, bewusst oder unbewusst passieren, dass man plötzlich mitten in einem Übernahmeprozess steckt. Oft stellt sich dann die Frage, wie man mit der Situation umgehen soll, was potenzielle Chancen und Herausforderungen sind und was überhaupt die fundamentalen Gründe für die Übernahme sind? Oft werden dann auch Begriffe, wie Übernahme, Fusion, Beteiligung und Merger wild durcheinandergewürfelt und verwechselt. Mit dem heutigen Blogartikel wollen wir Licht ins Dunkel bringen, damit du für den nächsten Firmendeal an der Börse gewappnet bist.

Warum kommt es in der Firmenwelt überhaupt zu Übernahmen und Fusionen?

In der dynamischen Welt der Börse sind Unternehmensübernahmen ein faszinierendes und oft viel diskutiertes Phänomen. Doch warum kaufen Unternehmen überhaupt andere Firmen? Hinter jeder Übernahme steckt weit mehr als nur der Wunsch nach Wachstum – es sind strategische Entscheidungen, die Märkte verschieben, Innovationen vorantreiben und ganze Branchen neu ordnen können. Ob es um den Zugang zu neuen Kunden, die Erweiterung des Produktportfolios oder die Ausschaltung von Wettbewerbern geht – Übernahmen sind ein mächtiges Werkzeug, mit dem Unternehmen ihre Zukunft gestalten.

Folgend wollen wir 9 Gründe etwas genauer beleuchten:

1. Zugang zu neuen Märkten und Kunden

Durch die Übernahme eines Unternehmens kann der Käufer sofort auf neue geografische Märkte, Zielgruppen oder Kundensegmente zugreifen, zu denen er bisher keinen oder nur erschwerten Zugang hatte. Das kann das Wachstum erheblich beschleunigen und stärkt die Marktposition. Dabei können oft auch langwierige bürokratische Hürden, wie Genehmigungsanträge und Zertifizierungen, umgangen werden, welche häufig mit dem Eintritt in eine neue Branche oder in diversen Ländern vorhanden sein können. 

2. Erweiterung des Produktportfolios und Diversifikation

Übernahmen ermöglichen es, das eigene Angebot zu erweitern oder zu diversifizieren. Dadurch wird das Unternehmen weniger abhängig von einzelnen Produkten oder Märkten und ist besser gegen wirtschaftliche Schwankungen abgesichert.

3. Nutzung von Synergien

Synergien entstehen, wenn sich die Stärken beider Unternehmen ergänzen. Das kann zu Kosteneinsparungen, Effizienzsteigerungen und einer besseren Nutzung von Ressourcen führen, etwa durch gemeinsame Nutzung von Beschaffungs- oder Vertriebskanälen oder Technologien.

4. Übernahme etablierter Strukturen, Prozesse und Know-how

Ein bereits bestehendes Unternehmen verfügt über eingespielte Prozesse, erfahrene Mitarbeiter und eine etablierte Unternehmenskultur. Das reduziert das Risiko, Kosten und beschleunigt die Integration sowie die operative Handlungsfähigkeit.

5. Bestehender Kundenstamm und laufende Umsätze

Mit der Übernahme werden auch die bestehenden Kundenbeziehungen und laufenden Verträge übernommen. Das sorgt für sofortige, planbare Einnahmen und senkt das Risiko gegenüber einer Neugründung.

6. Stärkung der Marktstellung und Ausschaltung von Konkurrenz

Durch den Kauf eines Wettbewerbers kann die eigene Marktposition gestärkt und der Wettbewerb reduziert werden. Das kann zu höheren Marktanteilen und einer stärkeren Verhandlungsposition führen.

7. Zugang zu neuen Technologien und Innovationen

Übernahmen werden oft genutzt, um schnell an neue Technologien, Patente oder innovative Geschäftsmodelle zu gelangen, die das eigene Unternehmen voranbringen können.

8. Geringeres Risiko im Vergleich zur Neugründung

Da das übernommene Unternehmen bereits am Markt etabliert ist, entfallen viele Unsicherheiten der Startphase. Banken und Investoren bewerten etablierte Unternehmen oft positiver, was die Finanzierung erleichtert.

9. Schnellere Skalierung und Wachstum

Der Kauf eines bestehenden Unternehmens ermöglicht es, schneller zu wachsen, als es durch organisches Wachstum möglich wäre. Investitionen können zielgerichteter und mit weniger Anlaufzeit eingesetzt werden.

Risiken und Herausforderungen bei Übernahmen

Nachdem wir nun die verschiedensten Gründe für eine Übernahme gehört haben, wollen wir nun auch einen Blick auf die Risiken werfen. In der Theorie hören sich viele Übernahmestorys sehr gut an, doch in der Praxis stellt sich immer wieder heraus, dass damit auch durchaus große Risiken einhergehen.

Übernahme von Rechtsstreitigkeiten

Eines der bekanntesten und nach vielen Jahren immer noch nicht abgeschlossenen Beispiele hierfür ist die Übernahme des Saatgut- und Unkrautvernichtungsmittelherstellers Monsanto durch die Bayer AG. Davon abgesehen, dass der Übernahmepreis mit 63 Mrd. USD viel zu hoch angesetzt war,  wurden hier neben einigen positiven Faktoren auch erhebliche Probleme in Form von bereits bestehenden und zukünftigen Gerichtsauseinandersetzungen eingekauft. Seit der Übernahme hat das einst wertvollste Dax-Unternehmen über 80% an Wert eingebüßt, was zum großen Teil auf ebendiese zurückzuführen ist. Bisher hat der Konzern rund 13 Milliarden Euro für Gerichtskosten und Vergleiche im Zusammenhang mit Glyphosat-Prozessen zahlen müssen, wobei viele Urteile noch offen sind und sich diese Zahl nochmals erheblich nach oben korrigieren könnte.

Bild: Bayer AG, Wochenchart (Quelle: Tradingview.com)

Zu teure Übernahmen

Damit ein Unternehmen ein anderes übernehmen kann, muss dieses, neben vieler anderer Faktoren, im Normalfall einen fairen und angemessenen Preis zahlen. Hierzu können verschiedenste Modelle angesetzt werden, welche den Wert des Unternehmens ermitteln. Wenn das Unternehmen börsengelistet ist, wird dies natürlich um einiges erleichtert, da der Aktienmarkt die Bepreisung bereits übernimmt. Je nach Marktphase kann ein Unternehmen aber auch sehr teuer bepreist sein. Hinzu kommt, dass üblicherweise ein Preisaufschlag von etwa 30% auf den aktuellen oder gemittelten Kurswert der letzten Monate geboten wird, um die Aktionäre dazu zu bewegen, sich von ihren Anteilen zu trennen.
Ausnahmen bestätigen hier natürlich immer die Regel. Beim lange Zeit ausgebombten britischen Aktienmarkt waren teilweise sogar Übernahmeaufschläge von 100% zu verzeichnen.

Daneben kommen häufig auch andere Komponenten ins Spiel, welche den Preis einer Übernahme in ungeahnte Höhen treiben kann. Beispielsweise könnte ein Bietergefecht entfacht werden, wenn mehrere Unternehmen starkes Interesse zeigen. Aber auch das Ego eines CEO, welcher das Übernahmeziel um buchstäblich jeden Preis übernehmen möchte, kann gegebenenfalls dazu führen, dass absurde Übernahmepreise zustande kommen. Infolge eines überteuerten Kaufs wird es natürlich schwierig, die Investition in einer angemessenen Zeit zu amortisieren bzw. Gewinne daraus zu schöpfen.

Synergien greifen nicht wie erhofft oder (stark) verzögert

Synergieeffekte sind oft der Hauptgrund für Übernahmen. Oftmals scheitern Unternehmenskäufe in der Praxis daran, diese erwarteten Synergien tatsächlich auch zu realisieren. Gründe dafür können sein, dass die Integration der beiden Unternehmen komplexer und zeitaufwändiger ist als geplant, insbesondere wenn kulturelle Unterschiede, unterschiedliche Prozesse oder fehlende Transparenz bestehen. Verzögerungen bei der Umsetzung gemeinsamer Strukturen, Technologien oder Vertriebskanäle führen dazu, dass Kosteneinsparungen und Effizienzgewinne erst spät oder im schlimmsten Fall gar nicht eintreten. Zudem können fehlende Abstimmung zwischen den Management-Teams oder Widerstände bei Mitarbeitern die Synergien zusätzlich bremsen. Wenn Synergien nicht wie erwartet greifen, kann das zu enttäuschten Erwartungen, finanziellen Belastungen und einem geringeren Return on Investment führen.

Entscheidende Faktoren zum Übernahmeziel, die im Vorfeld übersehen oder falsch bewertet wurden

Ein ebenfalls nicht zu unterschätzender Punkt ist, dass wesentliche Risiken oder Schwächen des Zielunternehmens vor dem Kauf nicht erkannt oder falsch bewertet wurden. Dazu gehören versteckte finanzielle Probleme, laufende Rechtsstreitigkeiten, veraltete Anlagen, ineffiziente Prozesse oder eine Unternehmenskultur, die sich nur schwer integrieren lässt.

Mangelnde Transparenz und fehlende Offenlegung wichtiger Informationen können dazu führen, dass der Käufer ein unvollständiges Bild bekommt und somit einen zu hohen Kaufpreis zahlt. Auch die falsche Einschätzung des Marktumfelds oder der zukünftigen Ertragskraft des Zielunternehmens kann zu einer Überbewertung führen. Häufig stellen auch fehlende oder unzureichende Due-Diligence-Prüfungen ein erhöhtes Risiko dar, dass kritische Faktoren übersehen werden.

Diese Punkte zeigen, dass neben den Chancen einer Übernahme auch erhebliche Risiken bestehen, die im Vorfeld sorgfältig analysiert und gemanagt werden müssen, um langfristigen Erfolg zu sichern.

Unterscheidung diverser Begriffe im Zusammenhang mit Übernahmen

Nachdem wir die Gründe und Risiken von Übernahmen beleuchtet haben, sollten wir noch schnell einige Begrifflichkeiten klären, welche mit diesem Thema in Zusammenhang stehen und im Alltag oft fälschlicherweise synonym verwendet werde. Dabei unterscheiden sich diese in ihrer Bedeutung und den dahinterstehenden Prozessen. Damit du beim nächsten Börsendeal nicht ins Schwimmen gerätst, erhältst du nun eine kurze und praxisnahe Abgrenzung der wichtigsten Begriffe:

Übernahme

Bei einer Übernahme kauft ein Unternehmen ein anderes und übernimmt die Kontrolle über dessen Geschäfte. Das Zielunternehmen bleibt dabei meist rechtlich eigenständig, agiert aber künftig unter der Führung des Käufers. Übernahmen können freundlich – also im Einvernehmen mit dem Management – oder feindlich erfolgen, wenn sich das Management gegen die Übernahme sträubt. Im Regelfall steigt der Kurs des zu übernehmenden Wertes nach einer Übernahmebekanntgabe (stark) an. Der Aktienkurs des aufkaufenden Unternehmens kann starke Ausschläge in alle Richtungen verzeichnen, je nachdem, wie der Markt diese Meldung zunächst bewertet.

Fusion/ Merger

Von einer Fusion spricht man, wenn zwei (oder mehrere) Unternehmen zu einer neuen Einheit verschmelzen. Beide Firmen geben ihre rechtliche Eigenständigkeit auf und es entsteht ein neues Unternehmen, das die bisherigen Aktivitäten bündelt. Ziel ist es vorwiegend, Synergien zu heben und Marktanteile zu vergrößern, um gemeinsam stärker am Markt aufzutreten. Dadurch sollen beispielsweise Kosten reduziert werden oder zukünftig eine höhere Marge erzielt werden.

Der Begriff „Merger“ stammt aus dem Englischen und wird häufig als Synonym für Fusion verwendet. Im internationalen Sprachgebrauch ist „Merger“ der gängige Ausdruck für den Zusammenschluss zweier Unternehmen zu einer neuen Gesellschaft. Im deutschen Sprachraum spricht man meist von einer Fusion.

Beteiligung

Eine Beteiligung liegt vor, wenn ein Unternehmen Anteile an einem anderen Unternehmen erwirbt, ohne die vollständige Kontrolle zu übernehmen. Das kann strategische Gründe haben, etwa um von Innovationen zu profitieren oder Geschäftsbeziehungen zu vertiefen. Das Zielunternehmen bleibt dabei (zunächst) eigenständig und unabhängig in seinen Entscheidungen. Dies gilt allerdings nur, bis zum Erreichen bestimmter Beteiligungsgrenzen. Beispiel aus der Vergangenheit wären hier die ehemalige Beteiligung von Mercedes an Tesla oder die VW-Beteiligung an Rivian.
Oftmals wird dies positiv vom Markt aufgenommen. Nicht zu unterschätzen ist jedoch der Aufbau einer immer größeren Position des beteiligenden Unternehmens. Am Ende kann dies durchaus in einer Übernahme enden. Nicht immer läuft dies reibungsfrei und ohne Kursturbulenzen ab. Als ein berühmter Fall wäre hier der Übernahmekonflikt zwischen Porsche und VW im Jahr 2008 zu nennen.

Joint Venture

Ein Joint Venture entsteht, wenn zwei oder mehr Unternehmen ein gemeinsames Tochterunternehmen gründen, um ein bestimmtes Projekt oder Geschäftsfeld gemeinsam zu bearbeiten. Dabei bringen alle Partner Kapital, Know-how oder andere Ressourcen ein und teilen sich Risiken, Kosten und Gewinne entsprechend ihrer Beteiligung. Im Gegensatz zur Fusion bleiben die Muttergesellschaften rechtlich und wirtschaftlich unabhängig voneinander – sie arbeiten lediglich im Rahmen des Joint Ventures eng zusammen.

Typische Gründe für die Gründung eines Joint Ventures sind der Zugang zu neuen Märkten, die Entwicklung innovativer Produkte oder die Bündelung von Spezialwissen. Besonders häufig sieht man Joint Ventures in Branchen, in denen hohe Investitionen oder regulatorische Hürden bestehen, etwa in der Automobilindustrie oder im Energiesektor.

Ein bekanntes Beispiel ist das Joint Venture zwischen BMW und Toyota zur Entwicklung von Wasserstoffantrieben. Für Anleger kann ein Joint Venture ein positives Signal sein, da es auf eine strategische Partnerschaft und geteilte Risiken hindeutet. Allerdings besteht auch hier das Risiko, dass unterschiedliche Unternehmensinteressen zu Konflikten führen und das Gemeinschaftsprojekt scheitert.

Kurz zusammengefasst:

Bei der Übernahme übernimmt ein Unternehmen die Kontrolle über ein anderes.

Bei der Fusion/Merger verschmelzen Unternehmen zu einer neuen Einheit.

Eine Beteiligung bedeutet, dass ein Unternehmen Anteile an einem anderen hält, ohne die Kontrolle zu übernehmen.

Ein Joint Venture beschreibt die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens durch zwei oder mehr Partner, die dabei rechtlich eigenständig bleiben, aber für ein bestimmtes Projekt oder Geschäftsfeld eng zusammenarbeiten.

 Wie läuft es in der Praxis als Aktionär ab?

Kurz gesagt: Jede Übernahme läuft anders ab und ist im Einzelfall auf das jeweilige Übernahmeangebot zu prüfen.

Kann man eine Übernahme vorhersehen?

In der Regel kann eine Übernahmeankündigung auch nicht vorhergesehen werden. Zwar gibt es hierzu, gerade bei bekannteren Unternehmen, immer wieder wilde Spekulationen, doch in der Praxis stellt sich allzu oft heraus, dass es sich dabei oft nur um ein Strohfeuer handelt.

Sollte ein Unternehmen beabsichtigen ein anderes zu erwerben, unterliegen natürlich alle Beteiligten einer strengen Verschwiegenheitspflicht (NDA – Non-Disclosure Agreement), sowie einer Beschränkung im Handel mit den Aktien der betreffenden Unternehmen. Trotz dessen kann man häufig beobachten, dass es wenige Tage vor der Übernahmeankündigung zu gewissen Kurssteigerungen beim Übernahmekandidaten kommt. In Ausnahmefällen und mit sehr viel intensiver Recherche kann man jedoch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Übernahmen erahnen. So können beispielsweise gewisse Aussagen des Managements zwischen den Zeilen gedeutet werden oder es erfolgt eine Reorganisation der Firmenstruktur, welche darauf hindeuten kann. Dies bedarf allerdings tiefgreifender Analysen und einem langen Zeithorizont. In einigen wenigen Fällen, stellt sich ein Unternehmen auch direkt zum Verkauf auf, was dann allerdings einer gesonderten Betrachtung bedarf. Generell lässt sich sagen, dass eher Firmen mit einer kleineren Marktkapitalisierung in den Fokus von Übernahmen rutschen. Unter dem Strich ist es also ein absoluter Glücksfall, wenn man in einen Übernahmekandidaten zum Zeitpunkt der Ankündigung investiert ist.

Was passiert nach der Kaufankündigung?

Sobald die Ankündigung getätigt wurde, kommt es darauf an, zu welchem Preis beziehungsweise zu welchem Preisäquivalent (wenn Aktien des Bieters geboten werden) dies geschehen soll. Wie bereits erwähnt, sind Aufschläge auf den aktuellen Kurs von etwa 30% durchaus üblich. Dies hat den Hintergrund, Aktionäre dazu zu bewegen, dem Deal zuzustimmen bzw. ihre Aktien zu veräußern. Dieser Aufschlag erfolgt meist binnen weniger Sekunden und pendelt sich dann kurz unterhalb des Übernahmepreises ein. Ab diesem Zeitpunkt neigt der Aktienkurs des zu übernehmenden Kandidaten, unabhängig der übergeordneten Marktlage, dazu, seitwärts zu tendieren und nur noch eine sehr geringe Schwankungsbreite aufzuweisen. Diverse Ankündigungen und Phänomene können allerdings nochmals Bewegung in das Geschehen bringen:

  • Ein oder mehrere andere Mitbewerber zeigen ebenfalls Interesse am Zielunternehmen:
    In diesem Fall kann es zu einem sogenannten Bietergefecht kommen, welches den Aktienkurs in ungeahnte Höhen treiben kann. Dies kann vor allem bei kleineren Unternehmen dazu führen, dass ein irrational hoher Preis gezahlt wird, weil der Bieter den Wert buchstäblich um jeden Preis haben möchte. So ein Bietergefecht kann sich über mehrere Wochen und Monat erstrecken und kann in seltenen Fällen mehrere 100% Kursaufschlag erbringen.
  • Der Bieter zieht sein Angebot zurück:
    Was vielleicht unwahrscheinlich klingt, kommt in der Praxis öfters vor, als man glauben mag. Beispielsweise kann der Bieter nach einer weiteren eingehenden Prüfung des Zielunternehmens zu dem Entschluss kommen, dass dieses doch nicht seinen Kriterien entspricht. Auch eine plötzliche Änderung der Gesamtmarktlage, kann den Bieter unter gewissen Umständen dazu zwingen, die Übernahme vorerst auf Eis zu legen. In diesem Fall kann man häufig beobachten, dass der Aktienkurs des Übernahmekandidaten sogar unter den Preis fällt, unter welchem es vor der Ankündigung notierte.
  • Es gibt rechtliche Einwände diverser Behörden oder Länder:
    Wenn ein Unternehmen beispielsweise von einem ausländischen Unternehmen aufgekauft werden soll, kann dies dazu führen, dass diverse Behörden ein Veto einbringen. Dies kann diverse Gründe haben. Oftmals ist dies der Fall, wenn die Dienstleistungen, Produkte oder Daten des Zielunternehmens einem besonderen nationalen Interesse unterliegen.
    Ebenfalls können diverse Kartellämter Einspruch erheben, wenn diese befürchten, dass es aufgrund der Übernahme zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. Dies betrifft meist größere Deals und war zuletzt bei der geplanten Übernahme von ARM durch Nividia medienpräsent. Dabei handelte es sich sogar um einen Sonderfall, weil ARM zu diesem Zeitpunkt noch nicht börsengelistet war. Solche Situationen der Unsicherheit können sich unter Umständen über Monate und Jahre hinziehen, bieten jedoch auch die Gelegenheit des Arbitragehandels, wenn man davon ausgeht, dass der Deal letztendlich zu den geplanten Konditionen zustande kommt.

Welche Arten von Übernahmeangeboten gibt es?

Übergeordnet gibt es zwei Arten, welche sich in der Praxis anbieten, um die Aktionäre des Zielunternehmens zu entschädigen:

  1. reine Barübernahme
    Wie der Name schon vermuten lässt, werden hier die Aktionäre in Form von einer zuvor festgelegten Summe an Bargeld ausgezahlt. Dies ist mit Abstand die einfachste Form der Übernahme für den jeweiligen Aktionär. Der Vorteil daran ist, dass genau klar ist, welchen Preis man für seine Aktien erhält. Infolgedessen kann man entweder auf die endgültige Übernahme warten und damit den vollen Verkaufserlös einstreichen, oder man entscheidet sich dafür für etwas weniger Geld seine Aktien direkt über die Börse verkaufen und reinvestiert sein Kapital. Der Nachteil hingegen ist, dass man an der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens keine Teilhabe mehr hat. Gerade für langfristige orientierte Anleger, mit einem Fokus auf kleine, dynamisch wachsende Unternehmen, kann es das Gefühl erwecken, um die zukünftigen Wachstumsfantasien und Kursentwicklungen des Wertes beraubt zu werden.
  2. reine Aktienübernahme
    Bei einer reinen Aktienübernahme wird nicht mit Geld, sondern mit Aktien bezahlt. Das bedeutet: Kommt der Deal zustande, erhalten die Aktionäre des Zielunternehmens im Tausch für ihre eigenen Aktien eine festgelegte Anzahl an Aktien des Bieterunternehmens. So werden sie zu Miteigentümern am neuen, größeren Unternehmen.

    Das hat einen Vorteil gegenüber einer reinen Barübernahme: Die Aktionäre des Zielunternehmens bleiben weiterhin am zukünftigen Erfolg beteiligt, diesmal jedoch über die Aktien des Bieters.

    Allerdings gibt es auch einen Nachteil: Die künftige Entwicklung des übernommenen Unternehmens spiegelt sich nicht immer direkt im Aktienkurs des Bieters wider. Gerade wenn das Zielunternehmen im neuen, größeren Konzern nur noch einen kleinen Teil ausmacht, können mögliche Kursgewinne, die man sich ursprünglich erhofft hatte, in der Gesamtentwicklung untergehen.
    Hinzu kommt, dass der Aktienkurs des Zielunternehmens ab der Bekanntgabe der Übernahmeabsicht oft eng mit dem Kurs des Bieters verbunden ist.
    Das bedeutet: Steigt oder fällt der Aktienkurs des Bieterunternehmens, wirkt sich das direkt auf den Wert der Aktien des Zielunternehmens aus, da die Aktionäre künftig Aktien des Bieters erhalten sollen. Weil Anleger nun auf Nachrichten und Entwicklungen bei beiden Unternehmen reagieren, kann es in dieser Phase zu größeren Kursschwankungen kommen. Man hat hier also im Gegensatz zur reinen Barübernahme keinen festen Preis, mit welchem man kalkulieren kann.
  3. Mischung aus Bar- und Aktienübernahme
    Eine etwas komplexere, aber in der Praxis häufig angewendete Methode ist ein Angebot, welches eine Mischform aus einer Bar- und Aktienübernahme darstellt. In diesem Fall handelt es sich dann auch um eine Mischform der jeweiligen Vor- und Nachteile, welche wir soeben beleuchtet haben.
  4. Sonderfall CVRs – Contigent Value Rights
    Contingent Value Rights (CVRs) sind ein besonderes Instrument, das bei Übernahmen gelegentlich eingesetzt wird, um Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Übernahmepreis auszugleichen. Sie kommen vor allem dann zum Einsatz, wenn der endgültige Wert des Zielunternehmens von zukünftigen Ereignissen oder Entwicklungen abhängt, die zum Zeitpunkt der Übernahme noch nicht sicher vorhersehbar sind.

    Im Rahmen eines Übernahmeangebots erhalten die Aktionäre des Zielunternehmens neben einer Barzahlung oder Aktien des Bieters zusätzlich sogenannte CVRs eingebucht. Diese Rechte sind zunächst wertlos und an bestimmte, klar definierte Bedingungen oder Meilensteine geknüpft – zum Beispiel die Zulassung eines Medikaments, das Erreichen bestimmter Umsatzziele oder ein festgelegtes Datum in der Zukunft.

    Tritt das vereinbarte Ereignis ein, haben die Inhaber der CVRs Anspruch auf eine zusätzliche Zahlung oder einen anderen festgelegten Vorteil. Erfüllen sich die Bedingungen nicht, verfallen die CVRs wertlos. CVRs sind also vergleichbar mit einer Option auf eine spätere Nachzahlung und dienen dazu, die Aktionäre des Zielunternehmens an möglichen zukünftigen Erfolgen nach der Übernahme zu beteiligen.

    Ein häufiger Anwendungsfall ist auch die Nachbesserung des Übernahmepreises, etwa wenn nach einem Squeeze-out Aktionäre klagen und eine höhere Abfindung durchgesetzt wird. CVRs können manchmal sogar separat gehandelt werden, sind aber oft nicht börsennotiert.

    Zusammengefasst:
    CVRs bieten den Aktionären des übernommenen Unternehmens eine zusätzliche, erfolgsabhängige Komponente beim Übernahmepreis und gleichen Unsicherheiten über die zukünftige Entwicklung aus. Sie sind kein Ersatz für fehlende Barmittel, sondern ein flexibles Werkzeug, um faire Bedingungen bei komplexen Übernahmen zu schaffen.

Gefahr eines Aktiendelistings im Zuge einer Übernahme

Im letzten Abschnitt möchte ich noch kurz auf die Gefahr eines Aktiendelistings eingehen, welches im Zuge einer Übernahme eintreten kann. Dabei werden die Aktien des übernommenen Unternehmens von der Börse genommen – was man Delisting nennt. Ein Delisting erfolgt meist dann, wenn der neue Mehrheitseigentümer das Unternehmen vollständig integrieren und nicht mehr den strengen Anforderungen und Transparenzpflichten der Börsennotierung unterliegen möchte.

Das Delisting wird eingeleitet, indem das Unternehmen einen Antrag auf Widerruf der Börsenzulassung stellt. Voraussetzung ist in der Regel, dass den Aktionären ein Übernahme- bzw. Delisting-Erwerbsangebot unterbreitet wird. Dieses Angebot muss mindestens dem durchschnittlichen Börsenkurs der letzten sechs Monate entsprechen und erfolgt ausschließlich in Form einer Geldzahlung. Nach Annahme des Angebots und Abschluss des Verfahrens werden die Aktien dauerhaft vom Handel ausgeschlossen.

Für Aktionäre birgt ein Delisting erhebliche Nachteile:

  • Die Aktien können nach dem Delisting nicht mehr an der Börse gehandelt werden, was die Handelbarkeit stark einschränkt.
  • Wer das Abfindungsangebot nicht annimmt, bleibt auf schwer verkäuflichen Papieren sitzen, deren Wert sich künftig nur schwer einschätzen lässt.
  • Zudem entfällt die Pflicht zur regelmäßigen Berichterstattung, wodurch die Transparenz für Aktionäre deutlich abnimmt.
  • Häufig fühlen sich Aktionäre benachteiligt, da das Abfindungsangebot oft als zu niedrig empfunden wird und keine Mitsprachemöglichkeit beim Delisting besteht.

Gerade im Zusammenhang mit Übernahmen ist es daher wichtig, die Gefahr eines Delistings im Blick zu behalten und die eigenen Optionen sorgfältig abzuwägen.

Fazit

Übernahmen, Fusionen und Beteiligungen sind fester Bestandteil der Unternehmenslandschaft und bieten Anlegern immer wieder Chancen – aber auch erhebliche Risiken. Wie im Artikel dargestellt, gibt es viele Gründe, warum Unternehmen andere Firmen übernehmen: von der Erschließung neuer Märkte über das Heben von Synergien bis hin zum Zugang zu Innovationen. Gleichzeitig zeigen prominente Beispiele wie die Bayer-Monsanto-Übernahme, dass Fehleinschätzungen und unterschätzte Risiken zu enormen finanziellen Belastungen führen können.

Wichtig ist: Keine Übernahme gleicht der anderen. Jedes Übernahmeangebot bringt eigene Rahmenbedingungen, Chancen und Herausforderungen mit sich. Ob der angebotene Preis fair ist, ob Synergien wirklich gehoben werden können oder welche Folgen eine Übernahme für die Aktionäre hat – all das muss im Einzelfall sorgfältig geprüft werden.

Wie du siehst, birgt der Aktienmarkt jede Menge spannende und komplexe (Sonder-)Situationen, die es zu meistern gilt. Es ist daher entscheidend, immer informiert und vorbereitet zu sein. Wer die Mechanismen, Begriffe und Fallstricke kennt, kann fundierte Entscheidungen treffen und Chancen gezielt nutzen. Die Jens Rabe Academy steht dir dabei als kompetenter Partner zur Seite. Wir unterstützen dich mit Erfahrung, Marktkenntnis und individuellem Service, damit du auch in turbulenten Börsenzeiten die richtigen Entscheidungen triffst. Bewirb dich hier für ein kostenfreies Strategiegespräch.

Über den Autor:

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Markus Brückner

Markus Brückner ist Coach in der Jens Rabe Academy. Gemeinsam helfen wir Unternehmern, Selbstständigen und leitenden Angestellten zu einem regelmäßigen Einkommen an der Börse.
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Markus Brückner ist Coach in der Jens Rabe Academy. Gemeinsam helfen wir Unternehmern, Selbstständigen und leitenden Angestellten zu einem regelmäßigen Einkommen an der Börse.

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